Gesetzgebungsverfahren unter Volldampf
Man hört förmlich die Dampfmaschine der Landesregierung ächzen und wummern unter dem hohen Druck auf allen Kesseln. Ministerinnen und Ministerien schaufeln ordentlich Kohlen, nur damit es schneller vorangeht – mit der Umsetzung des Niedersächsischen Weges…dicht gefolgt und gehetzt von den Naturschutzverbänden deren Rasseln und Treiberstöcke aus dem Volksbegehren Artenschutz bestehen.
Ein Akt in dem Gesetzgebungsverfahren war die Anhörung im Landwirtschaftsausschuss des Niedersächsischen Landtags am 15. Oktober. Gelegenheit zur Stellungnahme hat u. a. die Niedersächsische Allianz für Wald und Forstwirtschaft bekommen. Norbert Leben und Dirk Schäfer haben für die Allianz das Wort ergriffen und sich in ihren Stellungnahmen die bearbeiteten Themen aufgeteilt.
Nicht, dass wir die Illusion gehabt hätten, mit unseren wohlbegründeten Bedenken noch Gehör zu erhalten. Aber es ging schon darum, die politische Stillosigkeit im Zustandekommen des Niedersächsischen Weges mit Bezug auf die Waldthemen – ohne Beteiligung der forstlichen Verbände – zu unterstreichen. Und es ging darum, auch der Volksvertretung gegenüber die Wirkung des Niedersächsischen Weges für Wald und Forstwirtschaft zu vermitteln.
Erstaunlich war dann auch in der auf unsere Statements folgenden Aussprache, dass Abgeordnete tatsächlich der Auffassung waren, die „Forstpartie“ sei beteiligt worden. Dies musste nochmals in aller Deutlichkeit negiert werden.
Der Wortlaut meiner Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen ist nachstehend abgedruckt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Landesregierung hat mit dem Niedersächsischen Weg die Forstpolitik – also die politische Einflussnahme auf 1,2 Millionen Hektar Landesfläche! - Laien überlassen und hat dabei betroffene Waldbesitzer und Forstleute übergangen... und ich will es gleich vorweg nehmen: Der Niedersächsische Weg ist kein guter Weg für Wald und Forstwirtschaft in Niedersachsen!
Die Forstverbände haben im Juni die „Niedersächsische Allianz für Wald und Forstwirtschaft“ gegründet. Ein in der Sache ohnehin sinnvoller Schritt. Aber auch ein Akt der Verzweiflung: um überhaupt Gehör zu bekommen, damit der Wald nicht ohne jede Diskussion den Naturschutzverbänden als Spielwiese überlassen wird. Und dies angesichts einer katastrophalen Situation, die es eigentlich erfordert, Kräfte zu bündeln, Waldbesitzende wie Forstleute zu stärken um die Herausforderungen der Klimawandelfolgen im Wald zu meistern!
Ich möchte anhand von 3 Beispielen, die die Landesforsten betreffen, konkret werden:
Bodenbearbeitung
Sie beabsichtigen, bei der Bestandesbegründung, d. h. vor dem Pflanzen neuer kleiner Bäume, die vollflächige Bodenbearbeitung grundsätzlich zu verbieten.
Die Formulierung lässt allerlei Ausnahmen und Kompromisse zu, weckt aber bei den Naturschutzverbänden zweifellos die Erwartung, künftig keine entsprechenden Maschinen mehr im Wald anzutreffen. In der Phase der Bestandesbegründung aber investieren die Landesforsten Millionenbeträge. Ziel ist es, den Wäldern von morgen einen guten Start zu geben. Diese Phase – vielleicht einmal in 100 Jahren – ist von großen Gefahren für die jungen Bäumchen geprägt. Und gerade wenn es um einen Baumartenwechsel geht lassen sich nur gut und sorgfältig vorbereitete Flächen in diesen ersten Jahren so pflegen, dass das Ziel stabiler Mischwälder auch wirklich erreicht wird. Dies erfordert in bestimmten Fällen auch den Einsatz von Maschinen vor allem zur Beseitigung von unverwertbarem Restholz und Konkurrenzvegetation.
Totholz
Das Gesetz formuliert das Ziel von 40cbm Totholz pro Hektar als Durchschnitt für die Gesamtfläche der Landesforsten. Es ist leicht über die Zahl 40 abzustimmen, wo Sie doch üblicherweise über Millionenbeträge entscheiden. Hier geht es konkret bei rd. 300tsd Hektar Landeswald aber um 12 Millionen Festmeter Holz. Dies ist eine schlicht absurde Vorgabe!
Nach meinem Wissen gehört zu einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auch eine Gesetzesfolgenabschätzung. Da mir diese aus den vorliegenden Entwürfen hierzu nicht bekannt ist, erlaube ich mir, sie zu ergänzen:
- 12 Millionen Festmeter Totholz entsprechen bei einem Erlös nach Abzug der Holzerntekosten von 40 € pro Fm einem Einnahmeentgang von 480 Mio €.
- 12 Millionen Festmeter Totholz entsprechen bei Holzerntekosten in Höhe von 20,- € pro Festmeter einem Auftragsentfall für Forstunternehmer in Höhe von 240 Mio €.
- 12 Millionen Festmeter Totholz kumuliert auf Altholzbestände stellen eine massive Gefährdung für die im Wald arbeitenden Menschen, insbesondere Forstwirte, dar, aber auch für Erholungssuchende.
Um es klarzustellen: Totholz im Wald ist wichtig, wir sorgen seit Jahren dafür, dass sich sein Anteil zugunsten der Artenvielfalt erhöht. Die nun formulierte Vorgabe geht aber weit an den Anforderungen der forstwirtschaftlichen Realität vorbei.
Finanzierung der Landesforsten
Mit dem Gesetzesentwurf werden erhebliche Restriktionen – ich bin nicht auf alle eingegangen – für den Landeswald formuliert. Die Bewirtschaftung rückt zugunsten des Naturschutzes mehr in den Hintergrund. Unverändert ist den Landesforsten jedoch in das gesetzliche Auftragsheft geschrieben, dass sie im Wirtschaftsbetrieb keine Zuschüsse aus dem Landeshaushalt erhalten darf.
Es ist unverzichtbar, dass Sie den Gedanken der stärker ökologisch – und ggf. auch sozial – ausgerichteten Forstwirtschaft zu Ende denken. Hierzu gehört der Ersatz höherer Aufwendungen und geringerer Erträge durch öffentliche Mittel. Und dies erfordert ggf. eine entsprechende Änderung des Anstaltsgesetzes!
Wenn es nicht gelingt, die Einschränkungen des wirtschaftlichen Handelns der Landesforsten monetär abzugelten ist die Konsequenz klar: ein weiterer Personalabbau – und dabei müssen wir nicht über den Abbau sondern den Aufbau von Arbeitsplätzen reden, wenn wir die anstehenden Herausforderungen im Wald meistern wollen. So lautete übrigens auch die wörtliche Rede unseres Ministerpräsidenten vor ziemlich genau einem Jahr beim Forum Wald und Klima in Wolfsburg.
Was tut not für den Wald
Trennen Sie den Waldteil aus dem Gesetzesentwurf heraus und überweisen ihn zurück an das Fachministerium. Lassen Sie einen ausgewogenen Entwurf unter maßgeblicher Beteiligung der Fachleute und des Waldbesitzes erarbeiten.
Achten Sie darauf, dass die Vorschläge Ihres Entschließungsantrages „Wald im Wandel – Niedersächische Wälder anpassen, schützen und als CO2-Senke nutzen!“ aus dem Juli tatsächlich umgesetzt werden. Er enthält wichtige, zielführende Entschlüsse, die Wald und Forstwirtschaft in Niedersachsen weiterbringen würden.
Wirken Sie darauf hin, dass die wesentlichen aktuellen Probleme in der Forstwirtschaft gelöst werden:
- die Frage der Struktur der Forstbetreuung
- die Stärkung der Forstwirtschaft im Landwirtschaftsministerium
- die Honorierung von Ökosystemleistungen des Waldes
Und ganz zu Letzt: Finden Sie einen Weg, die Personalmisere in der Forstwirtschaft zu beseitigen. Wir brauchen mehr Forstleute, sonst werden Sie nicht das bekommen, was Sie eigentlich wollen: einen arten- und strukturreichen, stabilen Niedersächsischen Wald, sturmfest und erdverwachsen!